Schinkelkirche Straupitz

Postkarte um 1910.
Postkarte um 1910.

 

Das Dorf Straupitz muss schon sehr früh einen Kirchenbau besessen haben, denn es wird in einer Matrikel des Bistums Meißen 1346 unter die Kirchendörfer gezählt. Wir können das Aussehen dieser ersten Kirche leider nicht mehr nachvollziehen. Die damals übliche Bauweise, der Holzreichtum unserer Gegend und auch letzten Endes ihre totale Vernichtung durch einen Brand lassen jedoch ein schlichtes Gebäude in Schwellenbauweise vermuten. Am 1. September 1624 wurde diese erste Kirche ein Raub der Flammen. Die Brandfläche lag bis zum Jahre 1658 brach. In diesem Jahr entschloss sich Christoph von Houwald, der damalige Besitzer der Herrschaft Straupitz, ein neues Gotteshaus zu errichten. Durch eine genaue Karte von 1714 und die wunderbare Beschreibung F. G. S. Rödenbecks in seiner Chronik von 1832 können wir uns ein gutes Bild dieser zweiten Kirche machen:

 

„Diese Kirche war ein länglich, viereckiges Gebäude von Holz mit Steinen ausgesetzt und mit einem Ziegeldache versehen, in dessen Mitte sich ein kleiner Thurm befand. Sie hatte zwei Haupteingänge (Hallen), die deutsche unter der herrschaftlichen Loge und die wendische am westlichen Giebel, und eine angebaute Sacristey.“

1 Weißes Tor, 2 Kirchhofmauer, 3 Wendische Halle, 4 Deutsche Halle.
1 Weißes Tor, 2 Kirchhofmauer, 3 Wendische Halle, 4 Deutsche Halle.

 

Pfarrer Crecov erwähnt in seiner Kirchenschrift von 1758 noch die das Grundstück umgebende Mauer mit dem sogenannten steinernen „Weissen Tore“, über welchem geschrieben stand: „Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut.“

 

Die endgültige innere Fertigstellung dieses Gotteshauses erfolgte bis 1680 unter Wilibald von Houwald. Diese Kirche stand bis zum Jahre 1828. Schon zum Anfang des 19. Jahrhunderts war das Gebäude in einem sehr bedenklichen baulichen Zustand. Zudem stieg die Bevölkerung der Standesherrschaft erheblich, so dass ein Neubau immer notwendiger wurde. Die Kriegszustände in Europa bis 1815 verhinderten jedoch eine Umsetzung dieses Vorhabens. Da der Bruder des damaligen Standesherrn Karl Heinrich Ferdinand von Houwald (1773-1832), der Dichter Ernst von Houwald (1778-1845), in den Berliner Kreisen bestens bekannt war und entsprechende Verbindungen hatte, wurde ein Entwurf für ein neues Gotteshaus durch den Geheimen Oberbaurat Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) in Betracht gezogen. Ebenso sollten die Bemühungen des herrschaftlichen Straupitzer Inspektors Carl Christian Schmalfuß um das Zustandekommen dieses Projektes nicht unerwähnt bleiben.

 

K. H. F. von Houwald an Schinkel.
K. H. F. von Houwald an Schinkel.

 

Die Planungen begannen 1826. Der Geheime Oberbaurat Schinkel wurde am 28. Oktober mit der Bitte um einen Entwurf ersucht und übersandte diesen am 12. November. Es gab jedoch Verzögerungen bei den Verhandlungen über die Errichtung des Gebäudes und auch Schwierigkeiten, die benötigten Materialien für diesen mächtigen Bau in ausreichender Menge bereitzustellen. Im März 1827 war die Kostenfrage geklärt: Der Standesherr übernahm zwei Drittel durch Barzahlungen und Lieferung der Materialien aus der Herrschaft und die Gemeinden ein Drittel, welches sie durch Handdienste und Fuhren leisteten. Nachdem Schinkels Bauriss am 27. September 1827 in Straupitz eintraf, wurde dieser an die königliche Regierung nach Frankfurt an der Oder gesandt. Diese genehmigte den Bau am 22. November 1827. Es begann das Jahr 1828. Hofrichter F. G. S. Rödenbeck schrieb über die Verteilung der Arbeiten:

 

„Die Aufführung des Baues wurde unter der Aufsicht des herrschaftlichen Inspektors, Herrn Schmalfuß, dem Maurermeister Martin Winzer aus Straupitz und dem Zimmermeister Neubert aus Lübbenau; die Arbeiten im Innern den hiesigen Tischlermeistern Lucas und Nitschke, dem Schlossermeister Faber, dem Glasermeister Palm und den übrigen hiesigen Professionisten – und der Bau der Orgel, wozu das alte Werk verwendet ward, dem Orgelbauer Herrn Morgenstern aus Guben übertragen.“

 

Öffnung der alten Gruft, 1992/93. Die Särge derer von Wallwitz aus dem 17. Jahrhundert.
Öffnung der alten Gruft, 1992/93. Die Särge derer von Wallwitz aus dem 17. Jahrhundert.


Am 13. April 1828, dem Sonntag nach Ostern, wurde in der alten Kirche zum letzten Mal der Gottesdienst gehalten. Am Morgen darauf begannen nach 170 Jahren Standzeit die Abbrucharbeiten. Die alte Gruft wurde beim Ausheben der großen Baugrube belassen und befindet sich noch heute von den Mauern des Schinkelbaues umschlossen. Am 2. Mai wurde der Grundstein zur neuen Kirche gelegt, welcher sich heute in der rechten Ecke vor dem Haupteingang befindet. Die Arbeiten am Mauerwerk wurden bis in den Spätherbst 1828 fortgesetzt und dann für dieses Jahr beschlossen. Der Arbeitsbeginn im neuen Jahre erfolgte am 7. April. In dieser Zeit bewilligte der Preußische König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) dem schönen Werk ganze 2.000 Taler Zuschuss. Das noch im Jahre 1829 geplante Richten des Baues musste allerdings wegen einigen Hindernissen verschoben werden. Erst am 1. April 1830 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen, und unter einem Lied aus dem Gesangbuch und einer von Zimmermeister Neubert gehaltenen Rede begann am 3. Mai das Gebäuderichten. Die Arbeiten dauerten bis zum 20. November 1830 an und wurden anschließend wegen sehr ungünstiger Witterung abgebrochen. Zum 14. März 1831 war wiederum Schaffensbeginn. Am 24. April überschattete allerdings ein trauriges Ereignis die Bauarbeiten: Der Maurergeselle Jeremias Balchen fiel vom obersten Gerüste in die Tiefe und starb wenige Stunden später an den Folgen dieses Sturzes. Es sei hier an ihn erinnert.

 

Maurergeselle in Straupitz

Christian Jeremias Balchen

geb. 1775

war beym Kirchenbau vom obersten Gerüste herabgefallen

und 2 Stunden drauf gestorben [abends 7 Uhr]

Wittwer u. 5 Kinder, war 32 J. in der Ehe.

 

Am 8. Juni 1831 wurde Maurermeister Winzer nach längerer Krankheit in die Ewigkeit abberufen. Seine Stelle übernahm der Cottbuser Maurermeister Mund. Zum Geburtstag des Preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. am 3. August 1831 wurden die beiden geschmiedeten Eisenkreuze auf die Türme gesetzt. Der Bau wurde nun mit größter Mühe seinem Ende zugetrieben, um am 5. August 1832 seine feierliche Weihe zu begehen. Der Bauherr Karl Heinrich Ferdinand von Houwald erlebte diesen schönen Tag leider nicht mehr, er schied am 2. Juni 1832 aus dieser Welt. An seine Stelle trat sein Sohn Heinrich Wilibald von Houwald (1807-1884).

 

Seit der Fertigstellung gab es im Kircheninneren eine sehr bescheidene Farbgebung, welche 1907 durch den Berliner Kirchenmaler Herrn Sandfort erneuert und in frische Farben gesetzt wurde, ebenso brachte er über dem Altar-, bzw. Chorbogen zwei Bibelzitate an. Zur 100-Jahr-Feier 1932 beschränkte man sich im Wesentlichen auf Ausbesserungsarbeiten an der Fassade und den Türmen.

 

 

Die näher rückende Ostfront im Frühjahr 1945 brachte unserer Kirche stärkste Schäden bei. Durch anfliegende sowjetische Luftwaffe wurden die nordöstlichen Turmflächen geradezu zernagt, ebenso durchschlug ein größeres Geschoss die Apsis und beschädigte den Altar, viele Fensterscheiben und Dachsteine wurden zerstört. Nach Kriegsende wurden größte Anstrengungen für eine notdürftige Reparatur der Schäden unternommen, welche aber erst Anfang der 1960er im wesentliche behoben werden konnten.

 

Inneres mit Zitat über dem Apsisbogen (Lukas 14, 15-24), 1920er Jahre.
Inneres mit Zitat über dem Apsisbogen (Lukas 14, 15-24), 1920er Jahre.

Der Zustand des Gotteshauses verschlechterte sich während der folgenden Jahrzehnte mehr und mehr. In den Jahren 1992-93 wurde eine umfassende Sanierung des Kirchenbaus vorgenommen, welche mit einem sehr würdigen Gottesdienst zum Erntedank im Oktober 1993 ihren Abschluss fand.

 

In voller Schönheit, 2014. (Photo A. Urspruch)
In voller Schönheit, 2014. (Photo A. Urspruch)


Raband & Urspruch

Ortschronisten und Heimatforscher