Das neue Jahrhundert begann mit einer weiteren architektonischen Veränderung des Straupitzer Gutsareals. Auf dem langen Komplex der alten Stallanlagen und Scheunen wurde 1805 ein sehr markanter Bau erschaffen, das Turmgebäude. Der Turm besaß eine Glockenuhr und eine Aussichtsplattform. Im Gebäude waren Wohnungen, Amtsstuben sowie Stallungen, Wirtschaftsräume und eine Bodendarre untergebracht. Bis 1945 befand sich hier außerdem das Herrschaftsarchiv.
Europa wurde zum Anfang des 19. Jahrhunderts durch die Feldzüge Napoleon Bonapartes in eine neue Ordnung versetzt. Im Oktober 1806 traf es die preußisch-sächsische Armeeabteilung bei Jena und Auerstedt vernichtend. Während sich die zersprengte preußische Armee zurückzog, der König floh und Berlin aufgeben musste, setzte für Sachsen Karl Graf von Bose im Dezember 1806 zu Posen sein Signum unter einen Friedensvertrag mit Frankreich. Napoleon belohnte Kursachsen mit dem Aufstieg zum Königreich und Kurfürst Friedrich August III. wurde König von Sachsen und Verbündeter der Franzosen.
Die Herrschaft Straupitz gehörte nun zu einem Königreich, weshalb es vermutlich keine schlechten Nachrichten von rigorosen Einquartierungen französischer Soldaten gibt, welche sich nicht immer vornehm gegenüber ihren Gastgebern verhielten.
Der Plan, Russland zu bezwingen, endete für Napoleon 1812 in einem militärischen Desaster größten Ausmaßes. Unter dem Leid seiner Soldaten und hunderttausender Toter zog sich die Grande Armee geschlagen aus dem Riesenreich zurück. Im Winter 1812/13 erreichten auch Straupitz die ersten zurückkehrenden Franzosen. Sie sollen in einem furchtbaren Zustande gewesen sein. Aus Hilfsbereitschaft und Mitgefühl wurden sie von den Straupitzern aufgenommen und bekamen für einige Tage Quartier in Dapkes Scheune. Diese befand sich in dem kleinen Obstgarten an der Pfarrgasse. Da die Bevölkerung nichts anderes zur Verfügung hatte, fertigte man ihnen wärmende Umhänge aus Bettbezügen und Laken.
Im Jahre 1813 rückten dann die russischen Verfolger nach. Einen schmerzlichen Zwischenfall gab es im Nachbardorf Neuzauche, wo ein Trupp Kosaken unter Einsatz von Kolben und Säbel Nahrung und Quartier abverlangte. Die Gütigkeit der Menschen kannte aber auch Grenzen. Als einige Leute durch diesen Trupp zu Schaden kamen, wurde er mit Rudeln, Forken und Sensen bis hinter Mochow vertrieben – danach kehrte Ruhe ein. In Straupitz machte der Büdner Smolka mit den Kosaken Bekanntschaft. Auf dem Eise des Teerofensees soll eine Abteilung der Ostreiter eingebrochen und ertrunken sein. Auch künden der Kosakenweg bei Byhlen und der Kosakenberg in der Straupitzer Seekurve von manchem Ereignis in dieser Zeit.
Zu einem wahren Glücksfall kam es im Dezember 1812, als der Standesherr Karl Heinrich Ferdinand von Houwald Herrn Carl Christian Schmalfuß (1764–1833) aus Altdöbern auf die Gutsinspektorenstelle in Straupitz verpflichten konnte. Schmalfuß`21-jährige, fleißige Arbeit sollte den Ort in wunderbarer und fortschrittlicher Weise verändern!
Aufgrund des Aachener Kongresses 1818 verließen die über Napoleon I. siegreichen Alliierten das besetzte Frankreich und marschierten in ihre Heimatländer. Auf ihrem Wege nach Russland kamen ab 1819 die Truppen des Zaren durch unsere Heimat und wurden durch die Herrschaft Straupitz mit Verpflegung, Fourage und Transport unterstützt.
Ein erstes privates Wohnhaus, welches komplett in Ziegelbauweise entstand, wurde 1823 am Friedhofsweg errichtet. Vorher baute man im Ort in Balken- und Schwellenkonstruktion, bzw. in ausgesteinten oder ausgelehmten Fachwerk. Eine Ausnahme bildet das Schlossareal.
Nach Einstellung der Arbeiten in der Straupitzer Pottaschesiederei, die Zusätze zur Glasherstellung fertigte, schenkte der Standesherr Karl Heinrich Ferdinand von Houwald das Gebäude 1825 der Gemeinde und ließ es zur 2. Schule umbauen.
Zu einem der größten Ereignisse wurde der Neubau der Straupitzer Kirche in den Jahren 1828–1832. Diese wurde nach den Entwürfen und Plänen des Geheimen Oberbaurathes Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) geschaffen. Kurz vor der Weihe des Gotteshauses starb der Standesherr Karl Heinrich Ferdinand von Houwald, und das schöne Gebäude wurde am 5. August 1832 von seinem Sohn und neuem Besitzer der Herrschaft, Heinrich Wilibald (1807–1884) eingeweiht.
Große Bewunderung rief auch der Besuch des Prinzen Wilhelm (1797–1888) in Straupitz und Umgebung hervor, der am 22. Juni des Jahres 1834 im Ort weilte und auf dem Schloss zu Gast war. Später krönte man ihn zum preußischen König und 1871 zum Kaiser Wilhelm I.
Aus Anlass der Huldigung König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen wurde Heinrich Wilibald von Houwald am 15. Oktober 1840 nach dem Rechte der Erstgeburt in den preußischen Grafenstand erhoben.
Zu den weiteren besonderen Ereignissen des 19. Jahrhunderts gehörten:
Der 6. Mai des Jahres 1898 ist als Geburtstag der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr anzusehen. Der damalige Standesherr, Ernst Otto Graf von Houwald, hatte schon seit mehreren Jahren angestrebt, eine Freiwillige Feuerwehr zu gründen. Es wurde viel verhandelt, aber nichts kam zustande. Im Winter 1897/98 schenkte Herr Kantor Klinkott den Überschuss eines Konzertes von 15 Mark zur Errichtung einer Freiwilligen Feuerwehr, dies war der erste Grundstock, den der damalige Gemeindevorsteher Schmidt auf ein Sparkassenbuch anlegte. Turnwart Theodor Duschka und Tischlermeister Gustav Jurk veranstalteten eine Theateraufführung und brachten weitere 120, 25 Mark auf. Am 25. März 1898 stellte Turnwart Duschka den Antrag, der Turnverein sollte gleichzeitig einen Feuerwehrverein bilden. Nach vielen „Für“ und „Gegen“ wurde am 6. Mai 1898 die Wehr als: „Freiwillige Turnerfeuerwehr Straupitz“ gegründet. Zum ersten Oberführer wurde Theodor Duschka gewählt. Bei der Gründung der Wehr unterstützte Herr Ernst Otto Graf von Houwald die neue Vereinigung nochmals durch einen namhaften Geldbetrag. Ebenso stellte er die Schlossspritze [1758] und eine im Dorfspritzenhaus [Schergarten] untergebrachte herrschaftl. Gemeindespritze [1784] zur Vefügung. (Chronik F. Weiche 1931.)
Raband & Urspruch
Ortschronisten und Heimatforscher